Auf Wiedersehen

Es ist kurz vor 7:00 Uhr an einem Mittwochmorgen. Ich bin auf dem Weg zu meiner ersten Sitzung des Tages. Normalerweise lege ich meine Termine auf frühstens 9:00 Uhr, so bleibt noch etwas Zeit zum Wachwerden und genug Zeit, mich vorzubereiten. Diese Sitzung eine Ausnahme und so laufe ich mit noch müden Augen durch die Kleinstadt, als ein mir bekanntes Gesicht auf dem Fahrrad vorbeifährt und ich noch rechtzeitig mit einem fröhlichen „Hoi“ grüssen kann. 

Und es sind auch diese kurzen Momente, die ich hier in der Kleinstadt geniesse. Denn wie in Hamburg wandelt sich auch mein Leben in der Schweiz konstant. Ich wechsle Wohnungen und Arbeitsplätze, ich lerne neue Menschen kennen und Freundeskreise verändern sich. Nur gibt es auch in diesem Punkt einen Unterschied zu meinen Erfahrungen in der Grossstadt: Hier sieht man sich wieder. 

In der Kleinstadt läuft man sich über den Weg.

Wenn ich in Hamburg die Schule wechselte, trennten mich plötzlich mehrere S- und U-Bahnstationen von der vorherigen und den Personen, die bis dahin mein Leben begleiteten. Der Weg führte plötzlich in eine andere Richtung und die Stadt war gross. Und so konnte es gut passieren, dass ich die Klassenkamerad:innen, die ich vorher beinahe täglich sah, nie wieder angetroffen habe. Klar, ab und zu fand ich es super, dass man sich so gut aus dem Weg gehen konnte, doch auch gute Freundschaften drifteten auf diese Weise auseinander. Wenn wir uns sehen wollten, mussten wir uns bewusst verabreden.

In der Kleinstadt hingegen läuft man sich oft zufällig über den Weg. Denn auch wenn sich die Lebenswege wandeln, führen sie im Alltag weiterhin durch die gleichen Strassen. Und so ergibt sich häufig ein kurzes Hallo oder ein lockerer Austausch, nur um kurz darauf wieder in den Alltag weiterzuziehen. Der Kontakt bleibt bestehen und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, dass vergangene Freundschaften wieder aufleben können.

Und so geniesse ich hin und wieder auch diese kurzen Begegnungen und die Erinnerungen, die sie mir auf den Weg geben. Dabei wandern meine Gedanken, nachdem meine ehemalige Nachbarin an mir vorbeigedüst ist, am Morgen auch mal zwei, drei Jahre in die Vergangenheit zurück, um nur ein paar Minuten später in der Sitzung wieder im Hier und Jetzt anzukommen. Und beim nächsten Mal, wenn wir uns zu einer anderen Tageszeit begegnen, wird aus einem kurzen Hallo vielleicht auch wieder längerer Schwatz.

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15:00 Uhr – Kaffee & Kuchen

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